Rheingau Musik Festival 2017: Mainzer Fluglärmgegner siegen vor Gericht

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Die Initiative Fluglärm Mainz setzt sich seit vielen Jahren gegen die immer stärker werdende Belastung durch Fluglärm am Frankfurter Flughafen ein. Das Rheingau Musik Festival 2017  wird von ihnen  als öffentlichkeitswirksame Plattform für ihren Protest gegen den Fluglärm genutzt.  „Spätestens seit dem Absenken der Anflugrouten und der Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest auf dem Flughafen Frankfurt / Main (FRA) hat die Zunahme des Fluglärms in Mainz und großen Teilen Rheinhessens ein erträgliches Maß überschritten“, beklagen sich die Fluglärmgegner auf ihrer Webseite fluglaerm-mainz.info.

Von 5:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr in der Nacht dröhne und heule es im Minutentakt – eine unerträgliche Belastung für die dortigen Anwohner, die noch dazu in bestimmten Gebieten auch noch durch Luftverwirbelungen geplagt sind.

Wirbelschleppen machen zusätzlich das Leben schwer

Besonders in Flörsheim und Raunheim besteht bei leichten Ostwinden, wie sie häufig im Frühjahr und Sommer vorkommen, eine erhebliche Gefahr von sogenannten Wirbelschleppen, beklagen sich die Initiativen-Vertreter. Ausgelöst werden sie durch schwere Maschinen beim Landeanflug. Seit Eröffnung der Landebahn Nordwest seien allein in Flörsheim mehr als 20 Wirbelschleppenschäden eingetreten.

Ziele der Mainzer Fluglärmgegner

Aktiv gegen den Fluglärm in Mainz und der gesamtem Rhein-Main-Region vorzugehen, ist das Hauptziel der Initiative gegen Fluglärm Mainz. Sie wollen eine deutliche Verbesserung für Menschen in der Region erreichen und wollen Folgendes durchsetzen:

  • eine Deckelung der Flugbewegungen bei 350.000 pro Jahr
  • ein absolutes Nachtflugverbot von 22:00 bis 06:00 Uhr
  • ein klares Nein dem weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens
  • die Schließung der Nord-West-Bahn

Unterlassungsklage der Rheingau Musik Festival Konzertgesellschaft gescheitert

Ein Dorn im Auge ist der Initiative vor allem, dass es wohl durchaus möglich ist, Flugrouten zu verlegen – wie zum alljährlichen Rheingau Musik Festival. Dies hatten die Vertreter der Initiative auch immer wieder in der Öffentlichkeit angeprangert sowie Pianisten in Briefen vor Fluglärm gewarnt. Das Klassik-Festival mit Sitz in Oestrich-Winkel (Rheingau-Taunus) hatte am 28. Juli 2016 eine Unterlassungsklage gegen die Initiative gegen Fluglärm Mainz e.V. erhoben, weil es die Aktion der Fluglärmgegner als geschäftsschädigend betrachtet hatte. Eine Klage Rheingau Musik Festival Konzertgesellschaft mbH gegen die Fluglärmgegner auf Unterlassung der Behauptungen ist in vollem Umfang vom Mainzer Landesgericht kostenpflichtig zu Lasten des Rheingau Musik Festivals abgewiesen worden.

Die Fluglärmgegner dürfen auch weiterhin behaupten, dass es aufgrund der Lärmsituation in den Regionen Rheingau, Wiesbaden und Mainz nicht mehr möglich sei, kulturelle Events als Open Air-Konzerte oder in nicht schallgedämmten Gebäuden ungestört zu genießen. Zudem darf auch weiterhin davon gesprochen werden, dass es aufgrund der Verflechtungen zwischen Rheingau Musik Festival, Luftverkehrswirtschaft, Hessischer Landesregierung und Deutscher Flugsicherung durchaus möglich sei, für die Zeit der Konzertaufführungen Flugrouten verlegt zu werden, um die Aufführungen nicht zu stören und dass dies in der Vergangenheit praktiziert worden ist.

Flugrouten wurden in der Vergangenheit tatsächlich geändert

Laut den Fluglärmgegnern hatte ein Vertreter des Rheingau Musik Festivals, Claus Wisser, gegenüber dem Hessischen Rundfunk im Jahre 2012 eingeräumt, dass Flugrouten geändert wurden, um Konzerte nicht zu stören. Und auch die Deutsche Flugsicherung hatte dies bereits vor mehreren Jahren zugestanden. Diese Praxis soll 1999 beendet worden sein. Dem widersprach die Initiative gegen Fluglärm Mainz und belegte dies im Prozess der von der Rheingau Musik Festival Konzertgesellschaft mbH angestrengten Unterlassungsklage mit Fakten. Diese ließen den Schluss zu, dass auch später – also nach 1999 – tatsächlich noch Konzerte umflogen wurden.

Rege Teilnahme der Fluglärmgegner am Prozess

Zahlreiche Fluglärmgegnerinnen und -gegner aus der Region hatten an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und auch vorher an einem Informationsstand vor dem Gerichtsgebäude Rede und Antwort gestanden. Auch bei den Medien erregte der Prozess große Aufmerksamkeit: Weil so viele Medienvertreter gekommen waren, musste das Gericht die Verhandlung kurzfristig in einen größeren Sitzungssaal verlegen.

Die Entscheidung des Gerichts fiel am 13. April 2017 um 11 Uhr: Die Klage wurde in vollem Umfang kostenpflichtig zu Lasten des Rheingau Musik Festivals abgewiesen. „Es war wichtig und richtig, dass sich unser Verein erfolgreich gegen die Klage verteidigt hat. Die Aussagen, die uns das Rheingau Musik Festival untersagen wollte, betreffen Kernthemen der Auseinandersetzung um den Flughafenausbau, nämlich die massive Einschränkung der Lebensqualität in unserer Region“, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite.

Die Initiative gegen Fluglärm Mainz setzt sich seit vielen Jahren gegen die immer stärker werdende Belastung durch Fluglärm am Frankfurter Flughafen ein. Das Rheingau Musik Festival 2017 wird gerne von ihnen als öffentlichkeitswirksame Plattform für ihren Protest gegen den Fluglärm genutzt. (#01)

Die Initiative gegen Fluglärm Mainz setzt sich seit vielen Jahren gegen die immer stärker werdende Belastung durch Fluglärm am Frankfurter Flughafen ein. Das Rheingau Musik Festival 2017 wird gerne von ihnen als öffentlichkeitswirksame Plattform für ihren Protest gegen den Fluglärm genutzt. (#01)

Das Rheingau Musik Festival 2017

Das Rheingau Musik Festival ist eines der größten Musikfestivals Europas. Vom 24. Juni bis 2. September 2017 werden an 42 Spielstätten insgesamt 155 Konzerte von Klassik bis Jazz gezeigt. Es findet in der Region Wiesbaden, Mainz, Bad Homurg sowie diversen weiteren Spielorten statt und hat bei einigen Veranstaltungen noch Karten verfügbar. Die meisten Spielstätten des Festivals, das im Sommer zum 30. Mal stattfindet, liegen allerdings außerhalb der Flugschneisen.

Lärm hat erträgliches Maß überschritten

Die Zunahme des Fluglärms in Mainz und großen Teilen Rheinhessens hat ein erträgliches Maß überschritten – dies beklagt die Initiative schon seit Langem: Ohne Rücksicht auf Verluste werde eine dicht besiedelte Großstadt mit Kliniken, Kindergärten, Seniorenwohnheimen, Schulen und Universität im Tiefflug attackiert. Mainz und die umliegenden Gebiete versänken im Getöse der Triebwerke.

Dies widerspreche dem Grundrecht der Anwohner auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG) – Grundstückspreise fallen und zugehörige Immobilien verlieren massiv an Wert. Diejenigen, di es sich leisten können, ziehen einfach weg, aber weniger mobile Bürger oder Eigentümer, die sich einen Verkauf ihrer Immobilie unter Preis nicht leisten können, seien die Leidtragenden und müssten unter dem „Lärmteppich“ verbleiben. Wenn aber noch mehr Menschen wegziehen, hat dies vielfältige negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche und kulturelle Leben.

Nachtflugverbot droht zu kippen

Kritisiert wird von der Initiative auch die hessische Landesregierung: Sie müsse mit ihrem Bestreben, das in einem Mediationsverfahren vereinbarte Nachtflugverbot zu kippen, als besonders skrupellos hervorgehoben werden. Wie soll der Medien- und Forschungsstandort Mainz überleben, wenn konzentriertes und kreatives Arbeiten in dieser Umgebung nicht mehr möglich ist oder qualifizierte Mitarbeiter nicht gewonnen werden können, fragen die Fluglärmgegner und sind sich sicher: „Wenn in Mainz wegen des Fluglärms niemand mehr wohnen und arbeiten möchte, werden auch die Unternehmen abwandern. Mit jedem Bürger, der Mainz verlässt, mit jedem Unternehmen, das seinen Standort verlegt, verliert Mainz für die zurückgebliebenen Bürger und Unternehmen an Attraktivität.“

Jobmaschine Flughafen wird zum „Jobkiller“

Die vielbeschworene Jobmaschine Flughafenausbau wird zum Jobkiller für Mainz und die Region werden, sind sich die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative sicher. Drastisch seien außerdem auch die gesundheitlichen Risiken des Fluglärms: Diese treten in Form von Schlafstörungen und Stresssymptomen bis hin zur Aggressivität auf und die Leidtragenden seien vor allem die Kinder – sie könnten tagsüber und abends nicht einschlafen und würden in Ihrer Entwicklung dauerhaft geschädigt. Daher rufen sie auch weiterhin auf, etwas gegen den Fluglärm zu unternehmen.

Mahnwache anlässlich des Rheingau-Musik-Festivals 2017

Ihren Protest zeigten die Fluglärmgegner jüngst auch wieder mit einer Mahnwache am Samstag, 24. Juni 2017. Von 16:00 Uhr – 18.45 Uhr fand dort die bereits die 4. Mahnwache vor dem Kloster Eberbach anlässlich der Eröffnung des Rheingau Musik Festivals (RMF) statt. Die Initiative hält das Eröffnungskonzert des Festivals mit seinen Gästen aus Deutschland und Europa jedes Jahr wieder für eine sehr geeignete Veranstaltung, um mit Aktionen auf die schwere Fluglärmbelastung der Region hinzuweisen und eine breite Öffentlichkeit auf dieses Thema aufmerksam zu machen

Protest nicht gegen das Festival an sich

Ihr Protest richte sich aber ausdrücklich nicht gegen das Rheingau Musik Festival, betonen die Fluglärmgeplagten auf fluglaerm-mainz.info. Vielmehr sei es ein Protest gegen die Mitglieder des Kuratoriums, die den Ausbau des Frankfurter Flughafens politisch durchgesetzt haben sowie Vertreter der beiden die Sponsoren Lufthansa AG und Fraport AG. Diese hätten keine Skrupel, sich beim Rheingau Musik Festival als Menschenfreunde, Gönner schöner Künste und Wohltäter ehren zu lassen. Gleichzeitig litten die Anwohner der Rhein-Main-Region durch ihre Flughafen-Ausbau-Politik 18 Stunden lang am Tag ohrenbetäubendem Fluglärm. Außerdem würden die Bürger einem täglichen C02-Ausstoß von 900 000 Liter Kerosin ausgesetzt.

Video: Neue Fluglärmstudie

Vorwurf der Profitgier

Weitere Kritikpunkte sind den Augen der Fluglärmgegner sind die Zerstörung des Bannwalds für Landepisten, die Außerkraftsetzung der Grundrechte der Bürger durch Zwangsbeschallung und eine Schädigung der Gesundheit. Aus Profitgier werde hier Umwelt- und Klimazerstörung betrieben und das gesamtgesellschaftlich ethische Verantwortungsbewusstsein fehle völlig. Hier werde Allmacht-Gehabe und Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt, indem stagnierenden Flugbewegungs- und Passagierzahlen mit einem Strategiewechsel hin zu Billigfliegerei begegnet werde.

Freude über Urteil bei den Fluglärmgegnern

Den Mainzer Fluglärmgegnern gerichtlich zu verbieten, unbequeme Wahrheiten über die Lärmbelastung in der Region und die Verfilzung zwischen RMF, Luftverkehrswirtschaft und Hessischer Landesregierung zu verbreiten, sei gescheitert – triumphieren die Gegner. Und noch viel mehr – das Urteil und seine Begründung seien geradezu niederschmetternd gewesen. Eine Revision werde aus Sicht der Fluglärmgegner wohl nicht angestrebt.


Bildnachweis:© Titelbild: „© Initiative gegen Fluglärm Mainz e.V. / Klaus Willinski“-#01: „© Initiative gegen Fluglärm Mainz e.V. / Klaus Willinski“

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