„Info“ oder „Gerücht“? Chancen und Risiken von Online-Bewertungen

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Verbraucher fühlen sich verunsichert, Unternehmer geschädigt und die Urheber von Gerüchten stehen oft mit einem Bein vor Gericht. Dennoch kann sich kaum jemand der Wirkung von Gerüchten völlig entziehen. Umso einfacher sie sind, desto eher werden sie geglaubt und verbreitet. Sie befriedigen scheinbar das menschliche Grundbedürfnis nach Information und bilden gleichzeitig eine Art „sozialen Kitt“. Jeder hat schon sie schon mal gehört, die Geschichten von „Gammelfleisch im Burger“, „Plastik im Hundefutter“ oder „Kakerlaken im Hotelzimmer“. Und im Online-Zeitalter machen solche Aussagen schneller die Runde als je zuvor. Internet-Bewertungs-Plattformen boomen geradezu. Wie aber mit derartigen „Infos“ umgehen? Soll man sie für bare Münze nehmen oder grundsätzlich nichts glauben, was nicht eindeutig bewiesen ist?

Vorsicht bei der Verbreitung von Aussagen wie „Plastik im Hundefutter“

Der Gesetzgeber lässt hier keinen Zweifel: sogar schon der negative Eintrag in ein Bewertungsportal kann gegen geltendes Recht verstoßen. Paragraph 186 StGB (Üble Nachrede) stellt klar, dass bereits die Verbreitung von nicht bewiesenen Tatsachenbehauptungen strafbar ist – und zwar auch dann, wenn derjenige, der eine Aussage wie „Plastik im Hundefutter“ verbreitet, glaubt diese Aussage sei wahr. (Hier gilt der alte Rechtsgrundsatz ‚Unwissenheit schützt vor Strafe nicht‘.)

Mit anderen Worten: es kann schon ein Straftatbestand sein, mal eben einen Forumsbeitrag à la „Plastik im Hundefutter“ zu „liken“, zu „posten“ oder zu „twittern“. Betroffene Unternehmen, z.B. RINTI, PLATINUM oder Wolfsblut – um beim Thema Hundefutter zu bleiben – kennen diese Rechtslage natürlich. Dass trotzdem nur in Ausnahmefällen juristisch vorgegangen wird, liegt daran, dass Unternehmen ihre Kunden nicht zusätzlich verunsichern wollen und Rücksicht auf deren berechtigtes Informationsbedürfnis nehmen. Wenn alle geschädigten Firmen rigoros gegen rufschädigende Aussagen auf Bewertungsportalen und Verbraucher-Foren vorgingen, gäbe es bald nicht mehr viele dieser Plattformen – oder die User wären etwas vorsichtiger mit ihren Aussagen.

Volkswirtschaftliche Schäden durch Gerüchte

Wirklich problematisch ist jedoch, wenn Internet-User ihre Veröffentlichungs-Macht gezielt missbrauchen, um absichtlich falsche Aussagen zu verbreiten. In jüngerer Zeit sind im Bereich Online-Handel Fälle bekannt geworden, in denen Konsumenten den Händlern gedroht haben, sie auf Qype und Ciao negativ zu bewerten, wenn der Händler nicht tut, was sie von ihm verlangen. Wer sich so verhält, geht eindeutig zu weit und verstößt gegen 187 StGB (Verleumdung) und riskiert bis zu fünf Jahren Haftstrafe!

Doch warum ist das Gesetz hier so streng? Ganz einfach: die Erfahrung zeigt, dass Menschen solche Gerüchte glauben und deshalb echter Schaden entstehen kann. Mobbing beispielsweise, das letztlich auch nur eine spezielle Spielart des Gerüchts bzw. der üblen Nachrede ist, verursacht bei Arbeitgebern und Versicherern volkswirtschaftliche Schäden von etwa drei Milliarden Euro pro Jahr! Der Schaden, der entsteht, wenn Blogger oder Forumsteilnehmer bestimmte Firmen angreifen im Stil von „im Hotel XY waren immer noch Kakerlaken im Bett“ oder „bei Hersteller XY wurde schon wieder Plastik im Futter gefunden“, wurde zwar noch nie offiziell beziffert, dürfte aber ebenfalls erheblich sein. Sogar die vermeintlich völlig rationale Aktien-Börse reagiert empfindlich auf Gerüchte!

„Informationsinteresse“ contra „Manipulation“

Markenproduzenten wie Royal Canin, PLATINUM u.a. haben durchaus ein Interesse daran, dass öffentlich über ihre Produkte geredet und gepostet wird – sowas nennt sich „virales Marketing“ und gehört heutzutage einfach dazu. Auch für die Verbraucher ist es grundsätzlich eher eine gute Sache, wenn Erfahrungen und Informationen ausgetauscht werden – vorausgesetzt, sie entsprechen der Wahrheit! Wo also endet das berechtige Informationsinteresse und wo beginnen Verleumdung, üble Nachrede und Manipulation? Diese Frage muss sich wohl jeder selbst beantworten. Denn das wirklich Perfide an Gerüchten ist, dass wir alle allzu leicht darauf hereinfallen, wie vor einigen Jahren eine Studie des Max-Planck-Instituts bewiesen hat.

Am sichersten ist es also, sich immer wieder selbstkritisch zu fragen, ob sich Online-Beiträge mit den eigenen Erfahrungen decken. Schließlich dürften die wenigsten von uns selbst schon mal „Kakerlaken im Hotelzimmer“, „Rattenfleisch im Hamburger“ oder „Plastik im Hundefutter“ gehabt haben…


Bildnachweis: © Fotolia – gs1311

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