Arbeitszeugnis: Hinter welchen Formulierungen verstecken sich welche Bewertung?

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Beruflicher Neuanfang, Weiterentwicklung oder Personalabbau. Irgendwann steht ein Wechsel des Arbeitgebers bei fast jedem einmal an. In der heutigen Zeit verändert und entwickelt sich der Arbeitsmarkt so schnell weiter, dass es kaum ausbleibt, sich ab und zu wieder neu bewerben zu müssen. Der gewünschte, zukünftige Arbeitgeber möchte natürlich eine Beurteilung des vorherigen Chefs: das Arbeitszeugnis. Schon im sechzehnten Jahrhundert bekamen Arbeiter eine Urkunde, mit der sie sich bei neuen Auftraggebern vorstellen mussten. Die Tradition reicht also weit zurück und ist keine neuartige Erfindung unseres heutigen Zeitalters. Doch es gibt wohl kaum ein Zeugnis, das so misstrauisch beäugt wird wie dieses. Gerüchte von versteckten Geheimcodes machen die Runde, in denen sich Arbeitgeber geheimnisvolle Insidernachrichten zustecken.

Allgemein gilt: Nach der Gewerbeordnung muss ein Arbeitszeugnis erstens wahr und zweitens wohlwollend formuliert sein. Der Arbeitnehmer soll in seinem weiteren beruflichen Vorankommen nicht behindert werden. Da keine direkten schlechten Angaben gemacht werden dürfen, wird hierfür die codierte Zeugnissprache angewandt, bestehend aus Zeugniscode und Verschlüsselungstechnik. Häufig verwechselt mit dem Geheimcode. Diese „Sondersprache“ findet allerdings nur bei qualifizierten Arbeitszeugnissen Einzug und nicht bei Einfachen.

Arbeitszeugnis: Auch da ist oft weniger Mehr

Arbeitszeugnis: Manchmal muss man es mehrmals lesen, um den Wert einer Aussage zu verstehen.(#01)

Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis

Das einfache Arbeitszeugnis enthält kurz und knapp objektive und nachprüfbare Informationen. Was hat der Arbeitnehmer gemacht und in welchem Zeitraum? Hat er seine Pflicht erfüllt, welche Aufgaben hat er sonst noch übernommen? Einfache Fakten, mehr nicht. Diese Variante ist eher selten.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält zusätzlich zu den Fakten noch eine Beurteilung der Arbeit und des Sozialverhaltens des Arbeitnehmers. In der Regel ist es folgendermaßen aufgebaut:

  •  Überschrift („Arbeitszeugnis“)
  •  Stammdaten des Arbeitnehmers
  •  Beschreibung der Tätigkeit im Betrieb
  •  Beurteilung des Leistungs- und Sozialverhaltens
  •  Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  •  Schlussformel und Wünsche für die Zukunft
  •  Datum und Unterschrift, eventuell Firmenstempel
  •  Meistens wird das Arbeitszeugnis auf Firmenpapier gedruckt, das am Ende des Blattes die Firmendaten enthält

Darauf wird die Personalabteilung besonders achten

Bewerben Sie sich neu, wird in der angeschriebenen Firma auf folgende Punkte geachtet werden:

  • Die Form: Ist das Zeugnis auf Firmenpapier gedruckt? Anschriften/Unterschriften etc.
  •  Kompetenz des Bewerbers: Weißt er nach dem Zeugnisurteil die Fähigkeiten auf, die gesucht werden
  •  Daten Lebenslauf: Sind die Daten zu Beschäftigungszeitraum und andere Angaben mit denen auf dem Arbeitszeugnis deckungsgleich
  • Zeugniscode: Was verrät der vorige Arbeitgeber über seinen Mitarbeiter?
  •  Zeugnisverlauf: Wie entwickelte sich die Leistung des Bewerbers in den letzten drei Zeugnissen? (Falls schon so viele vorhanden)

Schlechtes Zeugnis: Hier sind es Noten, in einem Arbeitszeugnis Bewertungen. Diese Bewertung darf in einem Arbeitszeunigs nicht hinnehmen

Schlechtes Zeugnis: Hier sind es Noten, in einem Arbeitszeugnis Bewertungen. In einem Schulzeugnis schaut es schlecht mit Widerspruch aus – schlechte Noten im Arbeitszeugnis braucht man aber nicht hinzunehmen. (#02)

Der Zeugniscode

Die Formulierung entspricht in etwa den Schulnoten. Eins (sehr gut) und zwei (gut) sind also im oberen Bereich, drei (befriedigend) eher durchschnittlich und vier (ausreichend=schlecht) und fünf (mangelhaft=sehr schlecht) bedeuten unterdurchschnittliche Leistung. Der Zeugniscode unterteilt diese Schulnoten in sehr viel feinere Abstufungen. Alle Noten, von sehr gut bis mangelhaft werden über Lob ausgedrückt. Folgendes Beispiel veranschaulicht dieses System:

Die Leistungen …

  • … lagen stets sehr weit über unseren Erwartungen = 1
  • … lagen weit über unseren Erwartungen = 2
  • … lagen über unseren Erwartungen = 3
  • … entsprachen unseren Erwartungen = 4
  • … entsprachen insgesamt unseren Erwartungen = 5

Es sind also kleine Details, die das Ausmaß der Zufriedenheit kennzeichnen. Bei der inflationären Zunahme der Notenvergabe für Zeugnisse im Einser- und Zweierbereich gilt heute ein Durchschnittszeugnis schon als schlechte Bewertung. Da diese Zeugnisse häufig auch durch Zeitmangel oder fehlende Kenntnis der kleinen Fallstricke entstehen, ist es im Falle einer Unzufriedenheit ratsam, sich noch einmal freundlich mit dem Anliegen an den ehemaligen Arbeitgeber zu wenden.

Es gibt eine Ausnahme beim direkten Hinweisen: Im Fall eines vorsätzlichen und nachgewiesenen Fehlverhaltens, beispielsweise Diebstahl oder Untreue, muss der Arbeitnehmer seine Nachfolger darauf aufmerksam machen. Tut er es nicht, kann im Ernstfall er für die Haftung entstandener Schäden des nächsten Arbeitgebers belangt und in Regress genommen werden.

Die Verschlüsselungstechnik

Verschlüsselungstechniken umschreiben nicht zufriedenstellende Leistung. Hier muss man sehr vorsichtig sein, denn häufig geraten ungewollte Verschlüsselungen hinein. Durch Auslassen oder besonderes Hervorheben entsteht der Eindruck, etwas sei negativ gemeint, dabei hielt der Arbeitgeber es vielleicht einfach nicht für notwendig zu erwähnen oder wollte den Mitarbeiter tatsächlich besonders positiv bewerten und übertreibt es dabei „ausversehen“.

Um einige Beispiele zu nennen:

  • die Leerstellentechnik (etwas nicht erwähnen)
  •  Die Reihenfolgetechnik
    Beispiel: „Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich“. Es gab ein Problem mit den Chefs, da diese in der Reihe erst nach den Kollegen genannt werden, obwohl sie in der Rangfolge davor kommen
  • Die Knappheitstechnik (sehr kurzer Text; passiert oft auch aus Zeitmangel)
  • Die Widerspruchtechnik (zwei Aussagen widersprechen sich)
  • Die Negationstechnik (Minus mal minus ist hier nicht gleich plus, sondern bleibt minus)

Arbeitgeber müssen aufpassen, dass zu häufige Wiederholungen positiver Aspekte den Anschein eines Gefälligkeitszeugnisses geben, auch wenn er seinen Mitarbeiter einfach nur wirklich hervorragend fand.

Ein Zeugnis wird in einem bestimmten Geheimcode geschrieben, ist an sich nicht Schlimmes, wenn man sie versteht

Ein Zeugnis wird in einem bestimmten Geheimcode geschrieben, ist an sich nicht Schlimmes, wenn man ihn versteht (#03)

Der Geheimcode

Der mysteriöse, legendäre, sagenumwobene Geheimcode! Er zeigt angebliche charakterliche Besonderheiten auf, die aber keine sind. Nach §109 (Absatz zwei) der Gewerbeordnung heißt es: „Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“ Somit sind diese geheimen Codes unzulässig. Einige Beispiele hierfür:

  • Herr Mustermann trug durch Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei = er frönt übermäßig dem Alkohol
  •  Frau Mustermann trat engagiert für die Interessen der Kollegen ein = sie war als Betriebsrätin tätig
  •  Herr Mustermann bewies für die Belange der Belegschaft immer umfassendes Verständnis = er ist homosexuell oder suchte nach homosexuellen Kontakten zu Mitarbeitern

Geheimcodes sind in der Regel schwer nachweisbar. Die aufgeführten Beispiele sind schon längst nicht mehr geheim und offiziell verboten. Bei vielen anderen Formulierungen allerdings muss die Zweideutigkeit erst nachgewiesen werden, was häufig durch richterlichen Beschluss erfolgt; oder auch nicht, wenn der Richter diese nämlich nicht zwingend darin sieht. Hinweise darauf, das Verhalten des Arbeitnehmers noch einmal telefonisch oder per Mail besprechen zu können, sind absolut nicht erlaubt! Geheimcodes sind Auslegungssache und jeder Personaler fasst bestimmte Formulierungen anders auf. Selbst wenn kein Geheimcode in einem Schreiben steckt, könnte er als einer gedeutet werden und umgekehrt. Verzwickte Sache, diese Codes!

Die Macht des Schlusswortes

Der letzte Satz besitzt eine große Bedeutung. Hier zeigt sich, ob und wie sehr der letzte Arbeitgeber den Verlust seines Ex-Mitarbeiters bedauert. Der letzte Satz kann alle vorherigen Aussagen zunichtemachen oder noch einmal kräftig aufwerten. Abschlussformeln sind nicht zwingend notwendig. Es wird aber als negatives Zeichen gewertet, sollte sie fehlen. In ihr ist enthalten: Der Grund der Trennung, der Dank für die Zusammenarbeit, das Bedauern über die Trennung und Glückwünsche für die Zukunft. Zum Beispiel:

  • Das Arbeitsverhältnis wird auf eigenen Wunsch von Frau Mustermann aufgelöst, was wir sehr bedauern. Wir danken Frau Mustermann für die erfolgreiche Zusammenarbeit und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.“ (positiv)
  •  „Wir danken Herrn Mustermann für die langjährige gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“ (positiv)
  •  „Wir wünschen Herrn Mustermann für den weiteren Lebensweg alles Gute.“ (positiv)
  •  „Sie beendet das Arbeitsverhältnis aus familiären Gründen“ (neutral)
  •  Das Arbeitsverhältnis endet am 13. August 2005 im gegenseitigen Einvernehmen (negativ)

Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf sein Arbeitszeugnis, muss dieses aber auch einfordern. Das Erstellen eines Zeugnisses ist zeitaufwendig und wird daher manchmal nur auf Anfrage gemacht. Nach zwei bis vier Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte es beim Arbeitnehmer eintreffen. Wurde es nicht verlangt, kann es auch mal länger dauern, da keine Frist eingehalten werden muss.

 FAZIT: Wenn ihr euch nicht sicher seit, lasst das Zeugnis lieber bewerten, gegebenenfalls reklamiert es

FAZIT: Nicht alles was glänzt, ist Gold. (#04)

Weitere Formulierungen und deren Bewertung

  •  Der/Die ArbeitnehmerIn hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und allerbester Weise entsprochen. (sehr gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn verstand es, in allerbester Weise die Kollegen zu überzeugen und zu motivieren. (sehr gut).
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn verfügt über hervorragende und fundierte Fachkenntnisse. (sehr gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn erzielte herausragende Arbeitsergebnisse und zeigte außergewöhnliches Engagement. (sehr gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden war stets einwandfrei. (gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn zeigte stets überdurchschnittliche Arbeitsqualität und Initiative. (gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn arbeitete stets zuverlässig und äußerst gewissenhaft. (gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und bester Weise entsprochen. (gut)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn zeigte Engagement und Initiative. (befriedigend)
  •  Wir waren mit seinen/ihren Leistungen jederzeit zufrieden. (befriedigend)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn verfügt über solide Fachkenntnisse. (befriedigend)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn erledigte die zugeteilte Arbeit systematisch und zufriedenstellend. (befriedigend)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn war immer mit Interesse bei der Sache. (ausreichend)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn zeigte keine Unsicherheiten bei der Ausführung seiner Aufgaben. (ausreichend)
  •  Das Verhalten des Arbeitnehmers gab zu Beanstandungen keinen Anlass. (ausreichend)
  •  Das Verhalten des Arbeitnehmers war im Wesentlichen einwandfrei (mangelhaft)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn hat alle Aufgaben allgemein mit Sorgfalt und Genauigkeit erledigt. (mangelhaft)
  •  Der/Die ArbeitnehmerIn hat unserem Unternehmen großes Interesse entgegengebracht. (mangelhaft)
  •  Sie war Neuem gegenüber aufgeschlossen (mangelhaft)

Bei allem Trubel um das Arbeitszeugnis sollte aber eines nicht vergessen werden: Das Zeugnis allein ist keine Garantie für einen Job. Behaupten muss man sich vor allem persönlich im Vorstellungsgespräch. Hier zählt keine Verklausulierung, sondern einzig und allein die eigene Überzeugungskraft.


Bildnachweis:© Fotolia-Titelbild: fotodo-#01:FM2-#02:Ralf Geithe-#03: djdarkflower -#04: Daniel Ernst

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